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Gedenkstätte im weißrussischen Wald eingeweiht: Hier starben 35 Siegburger Quelle: Siegburgaktuell
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Gedenkstätte im weißrussischen Wald eingeweiht: Hier starben 35 Siegburger Quelle: Siegburgaktuell

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Elisabeth Berger, Karoline Cahn, Ilse Cohn, Salomo Samuel Cohn, Selma Cohn, Albert Falkenstein, Ilse Falkenstein, Jakob Falkenstein, Rosa Falkenstein, Selma Falkenstein, Eduard Feith, Michael Fröhlich, Louis Gramm, Cäcilie Heli, Max Heli, Oscar Walter Ruben Hoffmann, Jakob Josef Jakobs, Elsa Koppel, Hugo Koppel, Paula Koppel, Arthur Levy, Erna Levy, Leo Levy, Sophie Levy, Anna Lion, Hans Julius Lion, Paul Nachmann, Paula Nachmann, Otto Neumann, Jakob Benedikt Pick, Thekla Pick, Meta Rothenberg, Ruth Lina Rothenberg, Johanna Rubinstein und Paul Rubinstein.

Diese jüdischen Mitbürger aus Siegburg wurden am 24. Juli 1942 auf einer Lichtung nahe Minsk, im Wald von Blagowschtschina, umgebracht. Hier fanden – genau lässt es sich nicht beziffern – zwischen 50.000 und 200.000 Menschen den Tod.

Die Geschichte dieser wenig bekannten Vernichtungsstätte ist eng verknüpft mit dem nahe gelegenen Lager Malyj Trostenez. Im Frühjahr 1942 bauen die Nazis die dort ansässige Karl-Marx-Kolchose zum Versorgungsgut für das strategisch wichtige Minsk um. Minderjährige Zwangsarbeiter aus der Region und Juden errichten Getreidespeicher, Sägewerk, Schneiderei und Mühle, sogar eine Orangerie und ein kleines Fußballstadion, in dem die Häftlinge, die auf dem Gut arbeiten, der Sicherheitspolizei zur Belustigung vorspielen müssen.

Bald schon kommen die ersten Transporte aus dem Minsker Ghetto an. Elektriker, Tischler und Bauarbeiter werden für die „Verwendung“ in Malyj Trostenez aussortiert, der Großteil in den Wald von Blagowschtschina getrieben, erschossen und verscharrt. Mehr und mehr bringt man „Reichsjuden“ aus Hamburg, Düsseldorf, Köln und Wien auf die Lichtung. Massenhaft getötet wird auch auf zu Gaswagen umgerüsteten Lkw, äußerlich als Wohnwagen getarnt. Rund 100 Personen werden nach dem Ausstieg in Minsk auf einen Laster gepfercht, auf der Fahrt nach Trostenez leiten die Schergen die Abgase in den Laderaum. Diese Vorgehensweise wiederholte sich vier- bis siebenmal am Tag, drei dieser mobilen Gaskammern sind ab Juni 1942 ständig unterwegs. Die grauenhafte Begründung: „Entlastung für die psychisch angeschlagenen Schützen im Wald!“

Als sich die Rote Armee nähert und Malyj Trostenez geräumt wird, erschießen die Unmenschen diejenigen, die sich der Räumung verweigern, in einer Scheune. Die Scheune geht in Flammen auf. Allein diesem barbarischen Akt fallen 6.500 Menschen zum Opfer.

Damit noch immer nicht genug. Zur Beweisbeseitigung angetreten, übernimmt im Oktober 1943 das „Sonderkommando 1005“ unter SS-Standartenführer Paul Blobel die Regie in dieser Hölle auf Erden. Russische Gefangene öffnen die 15 bis 18 Massengräber von Blagowschtschina, zerren die Leichen heraus und zünden sie, zu Scheiterhaufen gestapelt, an. Als Geheimnisträger eingestuft, bringen Blobels Männer die Russen Mitte Dezember 1943 in den Gaswagen um.

Dem Standartenführer wird von den Alliierten nach dem Kriege der Prozess gemacht. Blobel wird zum Tod durch den Strang verurteilt und am 7. Juni 1951 hingerichtet. Arthur Harder, sein Adjutant und zeitweiliger Kommandeur, der in Blagowschtschina die im Boden grabenden Arbeitshäftlinge mit den Worten „Ich will Figuren sehen!“ antrieb, starb 1964 in Frankfurt.

Im Sommer 2016 wurde nun die Gedenkstätte eröffnet. Unser Bild zeigt das Denkmal „Die Pforte der Erinnerung“ auf dem ehemaligen SS-Gut in Trostenez. Olga Kapustina hat das Foto von Ihrer Reportage-Reise für das Deutschlandradio mitgebracht.